Bewerbung Dieter Baacke Preis

Projektbeschreibung

Zielgruppe(n)

Die primäre Zielgruppe sind Jugendliche im Alter von 14 bis 21 Jahren, die in Berlin leben. Neben der Förderung in Berlin wachsen die bundesweiten Anfragen, die wir nach Möglichkeit bedienen. In dieser Altersgruppe decken wir alle Jugendlichen ab, ohne einen Schwerpunkt auf spezifische Milieus oder Kontexte zu legen. Sowohl schulische als auch außerschulische Gruppen nehmen an unseren Workshops teil.

Ein weiterer Pfeiler des Projekts sind Fortbildungen für Multiplikator*innen der Jugendarbeit aus diversen Kontexten.

Ziele

Das übergeordnete Ziel des Projekts ist die Primärprävention von Ideologien der Ungleichwertigkeit und die Bestärkung der Zielgruppe, Deutungsmuster und Einstellungen zu entwickeln, die nicht auf Abwertung und Ausgrenzung angewiesen sind. Dafür relevante Ziele sind:

  • die angeleitete, kritische Analyse von ideologischen Inhalten rechtsextremer, antisemitischer und islamistischer Akteure
  • Sensibilisierung für Diskriminierung, Hinterfragen von bestehenden Machtstrukturen
  • Bewusstwerdung über und Stärkung eigener Werte, Haltungen und Identitäten
  • kritische Vermittlung von Mechanismen sozialer Medien und der Verbreitung von Ideologien der Ungleichwertigkeit, Hate Speech und Verschwörungsmythen
  • Bestärkung zur eigenen aktiven politischen Teilhabe und gesellschaftlichem Engagement

Arbeitsweise

Die Mehrheit der Begegnungen mit Jugendlichen findet im Kontext von ein- oder mehrtägigen Workshops statt, die in der Regel von Pädagog*innen angefragt und organisiert werden. In der Konzeption dieser Workshops ist das Ziel, Lerninhalte entlang der Projektziele mit den spezifischen Anfragen für Gruppen in Einklang zu bringen. Etablierte Workshop-Konzepte wie zum Beispiel jener zu Verschwörungsmythen und Antisemitismus oder jener zum Themenkomplex Rechtsextremismus in den sozialen Medien können je nach Anliegen, Gruppe und Zeitrahmen angepasst werden. Im Rahmen des Peer-to-Peer-Ansatzes werden Gruppen wie etwa Schul-AGs über mehrere Termine hinweg begleitet und in ihren Aktivitäten unterstützt. Beispielsweise wurde eine “AG Rassismus” inhaltlich und konzeptionell dabei begleitet, eigene Workshops für Mitschüler*innen und Lehrkräfte zu entwickeln und durchzuführen. Außerdem werden die Projektinhalte auch in diversen anderen Formaten wie etwa Projekttagen oder Jugendforen vorgestellt und dort interaktive Angebote angeboten.

Seit Pandemiebeginn haben wir unsere Angebote in Online-Workshops übersetzt, die besonders in 2021 zum Standard geworden sind. In diesem Blogbeitrag haben wir die Erfahrungen der Umstellung genauer beschrieben und Lernprozesse festgehalten.

Zeitrahmen

Seit Juni 2018 läuft das Projekt abhängig von einer jährlichen Antragstellung. Eine Weiterförderung in 2023 steht in Aussicht.

Medien

Inhaltlich ist das Projekt auf digitale Räume ausgerichtet, was eine vertiefte Auseinandersetzung mit digitalen Medien zur Folge hat. So wird in Workshops nicht nur über soziale Medien gesprochen, sondern viele Methoden direkt auf sozialen Medien durchgeführt. Beispiele für den Einsatz von Medien in den Workshops sind etwa folgende:

  • Inhaltliche Inputs zu Verschwörungsmythen werden über Erklärvideos auf YouTube gegeben und dienen als Diskussionsgrundlage
  • Screenshots von verschwörungsideologischen und diskriminierenden Kommentaren und Inhalten auf sozialen Medien werden pädagogisch angeleitet analysiert und bewertet
  • Auf iPads werden in einer Methode eigene (nicht-antisemitische) Verschwörungsmythen erstellt und der Gruppe präsentiert
  • In der Methode “Social-Media-Recherche Rechtsextremismus” werden Instagram-Accounts rechtsextremer Akteure unter pädagogischer Anleitung analysiert
  • Auf iPads werden eigene Memes zu den Workshop-Inhalten erstellt, die von den Teilnehmenden in sozialen Medien genutzt werden können
  • Anhand von Szenarien werden Handlungsmöglichkeiten bei Hate Speech und Diskriminierung in digitalen Räumen geübt und besprochen
  • Auf den eigenen Endgeräten suchen die Teilnehmenden nach Beispielen von Hate Speech und Diskriminierung, die dann gemeinsam ausgewertet und eingeordnet werden
  • In Quizzes auf der Plattform Kahoot! werden inhaltliche Themen spielerisch bearbeitet, etwa mit einem von uns erstellten Quiz zu Verschwörungsmythen, das für Dritte verfügbar und spielbar ist
  • Auf iPads wird in Gruppen das Spiel “GetBadNews” gespielt und im Anschluss pädagogisch ausgewertet, um das Phänomen Fake News verstehbar zu machen

Mit Beginn der Pandemie wurde das Workshop-Angebot auf Online-Formate umgestellt. Vermehrt wurden seitdem auch die eigenen Endgeräte der Teilnehmenden in Methoden integriert.

Das Alleinstellungsmerkmal und der besondere Beitrag des Projekts zur Weiterentwicklung der Medienpädagogik liegen darin, Inhalte der klassischen politischen Bildung mit medienpädagogischen Ansätzen zu verbinden. Dabei gehen Medienkritik und aktive Medienarbeit mit der Analyse von politischen Inhalten einher und erlauben eine umfassende pädagogische Bearbeitung von Phänomenen wie Fake News, Verschwörungsmythen und rechtsextremer Radikalisierung auf sozialen Medien.

Ergebnisse

Seit Beginn der Pandemie und der anschließenden Vertiefung des Themenkomplexes Verschwörungsmythen wurden in Workshops über 660 Jugendliche erreicht (2020: 260, 2021: 205, 2022: 200 und laufend). Davon waren ca. 40 Prozent Teilnehmende aus Gruppen von Freiwilligendiensten, die unser Angebot in Bildungswochen ausgewählt und wahrgenommen haben, ca. 45 Prozent Teilnehmende im Schulkontext und ca. 15 Prozent Jugendliche in der offenen Jugendarbeit.

Eine Herausforderung war die Umstellung aller Angebote auf Online-Workshops zu Beginn des Jahres 2020, die neue Konzepte und Anpassung bestehender Zugänge erforderte. Als Resultat können nun ohne Reibungsverluste alle Inhalte auch in Online-Formaten angeboten werden.

Art der Finanzierung

Die Fördermittel kommen seit Projektbeginn aus den Töpfen der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie. Workshops, die außerhalb Berlins durchgeführt werden und deshalb nicht von dieser Förderung gedeckt werden können, finanzieren sich durch Honorarsätze.

Resonanz

Sowohl im persönlichen Feedback als auch in unserem digitalen Fragenbogen haben jugendliche Teilnehmende an unseren Workshops und Projekttagen kontinuierlich sehr gute Rückmeldungen gegeben. Eine wiederkehrende Rückmeldung ist, dass unser Angebot nicht nur auf der inhaltlichen Ebene interessant und inspirierend war, sondern, dass ein bewertungsfreier und offener Raum für Meinungsbildung geschaffen wurde. Es sei erfrischend, dass trotz “schwerer” Themen eine Atmosphäre der Kontroversität und des offenen Austauschs möglich wurde. Ohne moralischen Zeigefinger, aber mit klarer pädagogischer Haltung gegenüber abwertenden Aussagen und Konflikten. Gerade im Kontext der Pandemie und Debatten um Verschwörungsglauben wurde der Raum für Austausch über Umgangs- und Handlungsmöglichkeiten als sehr positiv wahrgenommen, da diese Räume im Alltag oft fehlten.

Im folgenden sind zwei ausgewählte Rückmeldungen aus Workshops:

  • Für mich war es positiv, dass alle Meinungen akzeptiert wurden. (Aiman, Schüler in Berlin)
  • Ich fand es cool, andere Sichtweisen kennenzulernen. (Lana, Schülerin in Berlin)

Als Anschauungsmaterial ist unten auf dieser Website ein Flyer verlinkt, den Schüler*innen im Anschluss an einen zweitägigen Workshop selbst erstellt haben. Er behandelt die Themen Rechtsextremismus und Verschwörungsmythen.

In den Rückmeldungen ist die beliebteste Methode das Erstellen eigener Verschwörungsmythen, die wir von Bildungsbausteine e.V. übernommen und angepasst haben. In der von uns entwickelten Instagram-Variante kann ein bereitgestelltes privates Profil gestaltet, Video- und Fotobeiträge darauf gepostet und der Stil digitaler Lebenswelten in die Übung integriert werden. In der Methode entwickeln die Jugendlichen in Gruppen eine eigene vermeintliche Verschwörung, stellen sie vor und verteidigen sie gegen die skeptischen Argumente des Plenums. Auf diese Weise können die psychologischen Mechanismen von Verschwörungsglauben spielerisch simuliert und in der Auswertung nachvollzogen werden.

Unter Kolleg*innen, Pädagog*innen und diversen Einrichtungen hat sich das Projekt AntiAnti einen sehr guten Ruf erarbeitet, was sich unter anderem in Workshop- sowie Fortbildungsanfragen, Beiträgen und Interviews, Einladung auf Konferenzen und Kooperationsanfragen zeigt. Ausgewählte Verweise auf das Projekt sind hier aufgelistet:

 

Medienressourcen

Von Schüler*innen erstellter Flyer zu den Themen Rechtsextermismus und Verschwörungsmythen (Download):

Von Schüler*innen erstelltes Meme im Anschluss an einen Workshop zum Thema Diskriminierung:

Videodokumentation eines Workshoptags (Hinweis: hat keinen Ton):

Video zur Bewerbung des Projekts auf sozialen Medien: